„Man muss irgendwann nicht mehr durch die Strassen gehen und jedem klarmachen, dass man der
Beste ist.
Ist doch schön und gut, wenn man es
selbst weiss“
Ich nenne mal etwas, was sehr spezifisch ist und nur eine sehr kleine Nische von Rap und Hip Hop ausmacht aber dennoch sehr charakteristisch ist. Als „2 Gramm gegen den Stress“ rauskam hatte ich ein Interview bei einem großen Hip Hop Magazin – bei dem ich auf dem Balkon Pizza gegessen habe – für das Leute mich gefeiert haben und noch heute drauf ansprechen. Dieses Interview fiel in eine Zeit, in der es gerade bei Interviews angesagt und fast schon chic war, völlig überzogene Ansagen zu machen und sich mit diesem platten Poser-Mist als harten Kerl darzustellen. Ich hingegen hatte bei diesem Album auch über Zweifel und Ängste gerappt und dementsprechend im Interview eine andere, vielleicht auch melancholische Seite von mir gezeigt, was einen Kontrast zu der aktuellen Außendarstellung bei Rappern darstellte. Danach hatte ich das Gefühl, daß viele Acts in Deutschland diese Haltung kopiert und sich auch bei Interviews mit vermeindlichem „Real Talk“ dargestellt haben. Also absichtlich einige Äußerungen einstreuen, die man dann als angebliche Schwäche auslegen konnte.
Witzigerweise ist aufgrund meines besagten Interviews das Feature auf dem Sido Album „30-11-80“ zustande gekommen, weil er das Interview von mir gesehen und mega gefeiert hat, daß man so ehrlich und selbstentwaffnend über sich redet und nicht immer in diesen typischen Angeber-Promo-Move verfällt. Die meisten haben Selbstbeweihräucherung bis zum Abwinken zelebriert aber die Musik war immer scheiße und kam auch bei den Interviews nie zur Sprache. Gerade weil „2 Gramm gegen den Stress“ so persönlich war, war auch das Interview sehr persönlich und reflektiert. Vielleicht mag ich mich irren und die Entwicklung ist parallel dazu passiert, aber danach haben viele Leute nicht mehr so extrem auf die Kacke gehauen. Bis zu diesem Punkt war der Begriff Persönlichkeit vorrangig durch Größenwahn und materiellem Besitz definiert. Insofern war ich einer der ersten, die diesen Image-Wandel herbeigeführt haben.
Natürlich waren Creutzfeld & Jakob auch Pioniere, weil wir die ersten waren, die Ami-lastige Beats hatten, die uns sehr von den glattgebügelten deutschen Produktionen, die fast schon Pop-mäßig gemischt und gemastert waren, unterschieden haben. Unser Soundbild war einfach viel rauer und hatte diesen ganz speziellen Ami-Flavor.
Wir kamen halt in die große Veröffentlichungswelle, es herrschte eine unfassbare Aufbruchsstimmung. Aber weil wir in der damaligen Szene immer die jüngsten waren, also zum Beispiel 3-4 Jahre jünger als die Jungs von RAG mit den wir rumgehangen haben, haben wir dieses Torch, Stieber Twins, RAG-Movement aber auch Too Strong schon um 1989/1990 live gesehen und mitbekommen, daß Deutschrap etwas ganz Neues ist und von der ersten Generation supportet und repräsentiert wurde. Da es bei uns noch eine Weile gedauert hat, bis wir dann auch etwas veröffentlich hatten, fiel das dann in diese Phase, in der es eine regelrechte Flut an Sachen gab, weil plötzlich viele Leute was gemacht haben – ich würde es die zweite Welle nennen.
Wir kamen zwar nicht aus der ersten Generation, aber der Einfluß der Künstler – mit denen man dann auch rumgehangen und denen man zugeschaut hat, war zweifelsohne da. Das war für uns, die vom Zuschauen lernen wollten, unheimlich wichtig, da der Zugang zu Wissen stark limitiert und eigentlich nur auf Konzerten möglich war. Wenn es also keine Konzerte gab, mußte man vieles selbst herausfinden. Insofern war auch vieles in dieser zweiten Generation noch learning by doing - gerade bei diesem technischen und fachmännischen Dingen. Man konnte sich Sachen angucken und nachmachen, aber nicht jeder hatte ein Studio, Informationsquellen wie YouTube gab’s noch nicht und innerhalb der Szene wurde auch nicht gerade viel weitererzählt – also mußten wir uns viele Sachen entweder immer noch aus Amerika abgucken oder eben herausfinden. Sich alles selbst hart zu erarbeiten, würde ich auch als Pionierleistung bezeichnen. Das gilt natürlich für Leute wie Torch oder RAG noch viel mehr, weil die einfach überhaupt niemanden hatten und ganz auf sich selbst gestellt waren.
Das war Anfang der 90er, als wir die Leute aus unserer Region bei Konzerten und Stadtfesten auf der
Bühne gesehen haben – zu einer Zeit, in der es nicht einmal wirklich organisierte Hip Hop-Konzerte gab.
Das war für mich eine große Inspiration, die mich dazu gebracht hat, es auch zu versuchen. Aufgrund
des großen Ami-Einflußes haben wir natürlich in den Anfängen auch erstmal Ami-Sachen nachgerappt.
Ich kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern, ob ich englische Texte geschrieben habe, mein Englisch war auch nicht so gut. Aber ich weiß, daß ich die englischen Sachen mitgelesen und nachgerappt hab – in den Booklets waren ja immer die Texte abgedruckt. Das war einerseits eine Art „Englischlehrer“ für mich, andererseits habe ich beim Mitlesen ein Gefühl dafür entwickelt, was einen Flow ausmacht. Das hat natürlich den Kick ausgemacht, dasselbe auf Deutsch zu probieren. Ich würde sagen, daß ich im Zuge der Too Strong Phase um 1993/94 meinen ersten Text aufgeschrieben habe. Davor haben wir im Bunker nur Freestyles gekickt. Das war komischerweise präsenter als sich hinzusetzen und einen Text zu schreiben.
„Die meisten haben Selbstbeweihräucherung bis zum Abwinken zelebriert aber die Musik war immer scheisse“
Genau, im Bunker war das immer nur Freestyle oder wir haben wiederkehrende Phrasen ausprobiert. Man hatte auch immer das Gefühl, daß man für seinen eigenen Text auch einen eigenen Beat gebraucht hätte. Insofern waren wir auch immer auf der Suche nach dem ersten eigenen Beat. Erst als Philipp (Flipstar,
Anm. d. Red.) und ich für Creutzfeld & Jakob die ersten Sachen bei ihm im Keller aufgenommen und er Beats gebaut hat, auf die wir gerappt haben, entstand das erste Mal so etwas wie ein Schreibprozess – den Text schreibe ich auf den Beat, und den Text auf den Beat. Davor hatten wir nur so etwas wie eine „Universalschablone“ die wie eine Formel die aus ein paar Phrasen bestand, die man zu jedem Freestyle gebracht hat.
Total, das war wirklich wie ein Training und trifft es auf den Punkt. Die ersten Texte, die wir geschrieben haben, waren umgekehrt auch wieder ein gutes Training für eine Freestyle Cypher. Generell waren die ersten Freestyles ein wichtiges Training, um erstmal rappen zu lernen um überhaupt irgendwann einmal in der Lage zu sein, Texte zu schreiben. Und selbst dann war man noch weit entfernt von dem, wie man es eigentlich richtig gemacht hätte. Es gab niemand, der einem konstruktive Kritik geben konnte, vielmehr waren die ersten Schritte eher anarchisch – das spiegelte sich dann auch im Inhalt wieder.
Wir haben nicht angefangen zu rappen und sofort die Werte der Kultur hochgehalten und repräsentiert –
die ersten Freestyles handelten von unserem Leben und dem, was wir im Alltag erlebt hatten.
Kurz: Party und Bullshit.
Damals war es einfach eine viel naivere Herangehensweise, in vielen Punkten auch unbeschwerter, weil man das in den Anfangstagen für sich selbst gemacht hat, ohne große Reichweite. Folglich gab es auch niemanden, der das, was du gemacht hast, bewertet oder sogar kritisiert hat. Das bliebt alles in dieser kleinen Bubble. Unser Output war für eine Handvoll Leute, die uns eh kannten. Vielleicht noch einen kleinen erweiterten Kreis. Das wars. Diese Phase war auch zeitlich gesehen der längste Abschnitt, in dem man als Gruppe aktiv war.
Hinterher, als wir schon mit Creutzfeld & Jakob erfolgreich wurden, aber auch die Sachen mit Witten Untouchable oder meine Solo Sachen, habe ich mich persönlich zurückgezogen und alleine geschrieben. Beat zuhause gepickt, mir vorgestellt wie der Text darauf klingen wird und dann versucht, mein Leben zu vertonen und einen passenden Verse drauf zu schreiben. Immer alleine. Es ist also eher selten, daß heute die Leute – im Gegensatz zu früher, mir beim Entstehungsprozess über die Schulter gucken oder wie damals beim Freestyle live und in Farbe Zeuge vom kreativen Prozess werden. Da merkte man, daß eine gewisse Ernsthaftigkeit reinkam und sich die Abläufe zu einem Prozess formten, den man dann schon einen Job nennen konnte, wenn man sich in gewissen Phasen abgestimmt hat, wieder ins Studio zu gehen, um den nächsten Track zu machen. Natürlich war das immer noch mit viel Leidenschaft und jeder hatte Bock darauf, aber dieses unbeschwerte und anarchische Ding war plötzlich nicht mehr da. Was völlig klar ist, weil man früher in der Freestyle Chypher mit den Leuten seinen Spaß hatte und jetzt feste Uhrzeiten vereinbart wurden, um vorbereitet ins Studio zu gehen, um etwas aufzunehmen.
Natürlich haben wir auch oft Kleinigkeiten noch im Studio erledigt: die Hook oder einen Verse zu Ende geschrieben wenn 2-3 Zeilen gefehlt haben, Scratches mit dem DJ abgestimmt oder Kleinigkeiten eingefügt. Das waren dann wieder diese kurzen „Anarcho-Momente“. Aber je länger wir in diesem Schaffungsprozess stecken, je teurer die Studiokosten wurden und je mehr man auf einmal schaffen musste, desto wichtiger war es auch, vorbereitet zu sein.
„Davor haben wir im Bunker nur Freestyles gekickt. Das war komischerweise präsenter als sich hinzusetzen und einen Text zu schreiben“
Den Augenblick hatten wir auf unserer ersten Tour als Creutzfeld & Jakob. Bis dahin hatten wir eine Handvoll Auftritte im Ruhrpott, vereinzelt auch im Rheinland, meistens im Vorprogramm von RAG, Dike oder Reimwärts. Manchmal bekamen wir sogar selbst eine Auftrittsanfrage und merken zunehmend an den Reaktionen der Leute, daß ihnen das, was wir machen gefällt. Aber als wir 1999 auf die „Westwinde Wehen Tour“ mit DCS, RAG, Dike und Main Concept gingen, konkretisierten sich die Dinge relativ schnell. In der Zeit hatten auch schon Gespräche mit „Put Da Needle“ (Musiklabel von Peter Sreckovic, Anm. d. Red.) angefangen und das eindeutig positive Feedback auf die „Partner“-Maxi konnte man nicht mehr übersehen. Ich erinnere mich noch genau, wie Fast Forward zu uns kam und uns zum einen den Label-Bericht mit 12.000 verkauften Einheiten präsentierte und uns zum anderen dazu aufforderte, ein Album zu veröffentlichen. Wir waren überrascht von den Verkaufszahlen. Da stand also plötzlich eine Zahl im Raum die es realistisch erscheinen ließ, auch von einem Album ähnliche Stückzahlen zu verkaufen.
Als aus diesem Album Gedanken ein Projekt wurde, Gelder flossen und Vorschüsse bezahlt wurden, war dieses Hip Hop-Ding schon eine Industrie. RAG hatte es mit dem Klassiker „Unter Tage“ bei „Put Da Needle“ vorgemacht, sodass wir entschieden, dass dieses Label auch für uns die richtige Label-Heimat wäre. Man hatte also das Feedback von den Freunden, von der Szene und von der Industrie. Ab da wussten wir da geht was. Das war schon etwas Besonderes.
Wir hatten nie diese selbstproduzierten Tapes, die klassischerweise auf Jams verkauft wurden. Es gab
damals digitale Aufnahme-Tapes – DAT-Tapes, da waren unsere Beats drauf und darüber haben wir dann auch gerappt. Unser damaliges Bühnenprogramm zu der Zeit – die 8-9 Songs bzw. halbe Stunde, haben
wir natürlich auch auf Kassette aufgenommen – aber nur für uns. Das Ding kam über Umwege in fremde Hände und die Leute in der Region Witten/Bochum/Dortmund haben sich das Ding dann überspielt, so
daß es ohne offizielle Verläufe einen Musikschnipsel von uns im Umlauf gab. Ich meine es gibt sogar auf YouTube auch 2-3 Live Mitschnitte von unserem damaligen Programm von Auftritten im Raum Siegen
oder Siegburg. Das war alles, was es an Material von uns gab.
Trotzdem haben wir für das erste Album und auch für die erste Maxi alles neu aufgenommen. Wir wollten einfach keine Sachen auf das Album packen, mit denen wir 2-3 Jahre vorher auf Tour gegangen sind, weil die Leute das bereits von uns kannten.
Was wir der Kultur gegeben haben, kann man erst rückblickend beurteilen, wenn es einen gewissen zeitlichen Abstand gibt. Im Grunde müssen das andere Leute beurteilen, weil man selbst zu tief in diesem Mikrokosmos einer dynamischen Entwicklung gefangen ist. Ich bin eher der, der versucht auf das Gesamtbild zu gucken – umso schwieriger zu sagen, was ich als Individuum beigetragen habe.
Umgekehrt hat die Hip Hop-Kultur mir nach über 25 Jahren eine Existenz ermöglicht. Dazu zähle ich auch Dinge wie eine Karriere, sowie ein musikalisches Vermächtnis – alles entstanden aus diesen bereits erwähnten „Anarcho“-Anfängen. Ganz ehrlich, ich sehe mein Leben als Erfolgsstory. Die Leute, die heute mit Rap anfangen, haben hauptsächlich den Antrieb berühmt und reich zu werden. Die nutzen Hip Hop als Sprungbrett. Wir hingegen haben Rap als Selbstverwirklichung gesehen, sind von den Werten der Kultur geprägt worden und hatten das Glück, davon tatsächlich leben zu können. Damit kamen dann auch automatisch Dinge wie ein gewisser Legendenstatus. Ich hinterlasse ein gewisses Vermächtnis, meine Alben werden in den Köpfen der Leute bleiben. Ich kriege das doch bei Konzerten mit, wenn Leute nach der Show mit Platten ankommen, um ihre teuer ersteigerten Creutzfeld Platten signiert zu bekommen oder einer alle Lakmann Alben auspackt, die er dabei hat. In solchen Augenblicken gibt Hip Hop einem vielleicht viel mehr zurück als man selbst reingesteckt hat.
Was ich aber aus voller Überzeugung reingesteckt habe ich dieses „Each one, teach one“ Ding. Alles, was ich vom Langen, von Aphroe, Dike, Torch oder Stieber Twins beigebracht bekommen habe versuche ich genauso an die nächste Generation weiterzugeben.
Das was ich gelernt habe, gebe ich auch weiter. Ich kenne aber auch noch diese nerdige „Geheimwissenschaft“, die du beschreibst. Möglichst nichts weitergeben, in der anderen Ecke vom Raum in sein Reimbuch schreiben, bloß keinem etwas vorrappen bis zu dem Zeitpunkt, an dem es veröffentlich ist, damit keiner dich biten kann. Ich kenne beide Seiten und beide haben ihren Reiz und auch ihre Berechtigung. Stichwort Biten: ich hatte mal folgendes Gespräch mit Morlockk Dilemma: Möglichst keine Musik von anderen hören, weil man sich einfach nicht unterbewusst von anderen beeinflussen lassen will, was den positiven Nebeneffekt hat, daß keiner einem Vorwerfen kann, daß man so ähnlich wie jemand anderes klingt. Dadurch, daß ich 99,9% der Sachen da draußen gar nicht kenne kann ich mit absoluter Überzeugung sagen, daß ich meine Sachen selbst geschaffen habe.
Dieses alleine schaffen und nicht bei anderen abgucken war früher viel ausgeprägter als heute. Heute kommt mir das wie eine Sportveranstaltung vor, bei der man die identische Disziplin ausübt und darin vielleicht etwas besser ist. Man empfindet es nicht mehr als negativ, wenn jemand einfach nur kopiert. Als ob das eine Competition ist, bei der man sich übertreffen kann, ohne eigene geistige Leistungen zu erbringen.
Das war damals richtig unehrenhaft! Heute ist das alles verweichlicht und soft geworden. Leider kann man damit heute richtig erfolgreich sein, daher vereinen sich die Interessen – von dem der gebitet hat aber auch von dem, der gebitet wird. Die versuchen einen gemeinsamen Nenner zu finden, um dann davon zu profitieren. Irgendwie ist das nicht im Sinne der Kunst, wenn man ständig auf andere blickt und das einfach nur nachahmt. Bei anderen Teilen der Kultur, wenn man über Graffiti oder Breakdance spricht, ist das nicht so stark ausgeprägt. Im Rap legitimiert der Erfolg von dem Typen, der das vor dir gemacht hat, dass du sagst, von dem Kuchen möchte ich auch ein Stück. Der Zweck heiligt die Mittel. Guck dir mal die Spotify Playlists an, das ist nicht zufällig alles gleich. Da gibt’s die Formel: ein bestimmter Erfolg kommt durch einen bestimmten Song – also muß man das nur imitieren. Das ist kein neues Phänomen. Es gab auch zu den Zeiten von Samy Deluxe bereits Leute, die aus West, Ost oder Süd kamen und den Hamburger Sound von Eimsbush nachgemacht haben, nur um so zu klingen. Die haben dann auch exakt so wie er gerappt. Aber damals war es viel schwieriger zu biten, weil die Leute das sofort erkannt haben und sich diese Masche nicht durchgesetzt hat. Heute ist durch die digitale Überflutung keine Differenzierung mehr möglich. Alles kann überall zur gleichen Zeit stattgefunden haben.
Ich verfolge tatsächlich nichts. Ich schütze mich auf diesem Weg auch vor den vielen Enttäuschungen (lacht). Bisher ist es noch nicht vorgekommen, daß mich ein Künster, der mir von irgendwelchen Plattformen vorgeschlagen wurde, so gefallen hat, daß ich mir das ganze Album angehört hätte. Das alleine sagt viel aus über die Verwässerung von Musik Stilen. Bei der nachfolgenden Generation probieren alle den nächsten kommenden Trend auf einmal aus. Dadurch schaffen sie es auch nicht, ihre eigene Persönlichkeit einzubringen und klingen wie alle, die sich in der Szene tummeln.
Leider gibt es nur noch ganz wenige Leute, die heute etwas Eigenes an den Start bringen. Es ist ganz schwierig, sowohl heute wie auch damals oder in der Zukunft, eine ganz eigene Nische zu kreieren – inhaltlich, als auch flow-mäßig und beat-mäßig, weil halt alles schon einmal erzählt wurde. Außerdem
ist heute alles in diesem globalen Dorf sofort auf Knopfdruck erhältlich. Man müsste sich abkapseln und komplett isolieren, um nichts von anderen zu hören, dann den eigenen Shit rausbringen, um zu hoffen,
daß das dann ankommt. Was passiert? Entweder alle machen das nach oder es kriegt keiner mit oder niemand findet das geil, weil die diesen Sound nicht gewohnt sind. Das ist diese ständige Ambivalenz. Autark und unique zu sein – und zugleich erfolgreich zu sein. Meiner Meinung nach beißt sich das, weil
Erfolg auch immer von Massen abhängig ist. Sobald es jedoch einer Masse gefällt, imitieren das auch eine Masse an Leuten.
Gerade weil es absolutes Neuland war, gab es damals eine enorme Expansion an verschiedenen Stilrichtungen im Rap und alle konnten erfolgreich sein. Hamburg, Stuttgart, Berlin, Ruhrpott – alle hatten ihre eigenen Sounds, konnten nebeneinander existieren und haben sich alle 2 Jahre mit dem Hype abgewechselt.
"Ich verfolge tatsächlich nichts. Ich schütze mich
auf diesem Weg auch vor den vielen Enttäuschungen"
Zu 100%, ich bin immer unzufrieden. Ich bin immer ein Skeptiker, sowohl bei anderen als auch bei mir. Ich bin aber demütig genug, um zu wissen, daß nicht jeder so erfolgreich sein kann wie die Top 5. Aber wenn du hörst wie die Top 5 klingen, dann merkst du auch den Unterschied zu meinem Sound. Alle da oben haben etwas gemeinsam und bedienen die Industrie als Dienstleister. Das sage ich jetzt völlig wertfrei. Hingegen kann ich einfach – auch wenn es klingt wie ein Klischee - machen was ich will und mein Leben vertonen. Ich mache im Grunde das, was mir gefällt und freue mich, wenn es den anderen genauso gefällt. Das kann gar nicht so vielen gefallen, weil einerseits keine Industrie und Lobby dafür vorhanden ist, außerdem komme ich aus der entgegengesetzten Ecke und lehne dieses Massenindustrie- Musikgeschäft ab.
Klar hätte ich viel erfolgreicher sein können, gerade wenn man Dinge hört wie ich sei „der Lieblingsrapper vom Lieblingsrapper“ – aber es gehört auch eine gehörige Portion Glück dazu und die Bereitschaft, sich zu verändern und diese Kanäle der Industrie zu bedienen. Diese Bereitschaft fehlt mir. Solange ich zufrieden bin und damit gut leben kann, jage ich natürlich nicht den Top 3 hinterher, um gierig zu werden.
Das Problem an der Sache ist: wenn du das alles einmal erreicht hast, ist es ein ganz großer Down Fall das nicht mehr zu halten. Es gibt viele Wege, die Spitze zu erreichen und meiner Meinung nach ist es ein verhältnismäßig leichterer Weg nach oben, als sich dann auch dauerhaft oben zu halten. Ich weiß auch persönlichen Gesprächen, daß alle Leute, die dort oben sind, natürlich Angst davor haben, das alles irgendwann vielleicht wieder zu verlieren.
Genau – die Fallhöhe ist zehnmal höher. Damit verbunden auch die Angst, damit wieder in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden und alles zu verlieren, was sie mal hatten. Darum fangen viele damit an, Mechanismen zu bedienen, Radiohits zu schreiben, die eigenen erfolgreichen Sachen zu kopieren – und enden dann als Rad im Getriebe der Industrie. Die haben also eine Formel erfunden, das, was sie erfolgreich gemacht hat, zu wiederholen. Das war schon vor 20 Jahren so: Machste ein „Kopf hoch“ Song, packst noch einen melodiösen Beat drunter, gesungene Hook mit einer weiblichen Stimme – schon haste den vermeindlichen Radiohit.
Das behaupten genau diese Leute aber auch. Nenn' es heuchlerisch oder wie du willst. Man hat es bis zu einem bestimmten Punkt geschafft und ab da bleibt man sich dann „treu“. Das hängt auch viel mit Interessen, Inhalten, Werten und was du sonst noch verkörperst, zusammen. Ich habe mal in einem Review oder Kommentar auf YouTube gelesen: „Wenn die Werte, für die Witten Untouchable steht, endlich im Mainstream ankommen würden, dann wäre diese Welt ein besserer Ort“. Es ging also nicht darum, daß wir im Mainstream ankommen müssen, um finanziell erfolgreich zu sein, sondern daß andere davon einen positiven Nutzen daraus ziehen können, weil wir diesen finanziellen Ansatz gar nicht verkörpern würden. Einmal angenommen, wir wären mit unserer Herangehensweise, daß man sich nicht das größte Stück vom Kuchen abschneidet und alles ausbeutet, im Mainstream angekommen, würden sich dadurch vielleicht positive Nebeneffekte ergeben. Seid doch dankbar mit dem, was ihr habt und beutet nicht alles aus, dann bleibt auch mehr für alle anderen innerhalb der Szene, es gäbe viel weniger Hypes und konstantere Acts, die nicht nach 2-3 Jahren wieder Geschichte sind. Zudem wäre es auch für die Fans ein anderes Erlebnis Musik zu hören, mit anderen Werten. Du kannst trotzdem rough sein, der Representer, oder Battlerap machen – aber dadurch, daß du auch andere Seiten zeigst, die im „erfolgreichen“ Rap heute gar nicht mehr stattfinden, würdest du den Leuten eine gewisse Bandbreite und Diversität an Werten bieten. Dasselbe Phänomen gilt natürlich auch für alle anderen Musikgenres. Würde diese Bandbreite an Werten in den Mainstream Einzug erhalten, würden sich viele Leute durch eben diese Werte, die in den heutigen Markt nicht hineinpassen, angesprochen fühlen.
Schau dir doch mal die Inhalte der Leute an, die eine Menge Kohle machen und an der Spitze der Charts stehen: Dicke Autos, große Häuser, Klunker, homophobe Texte, frauenverachtende Weltbilder, Bling Bling und Party. Dann guck mal auf der anderen Seite, auf wie viele Zuhörer diese Inhalte zutreffen und wie viele denselben Lifestyle prägen – das sind vielleicht 2%. Natürlich wünschen sich die Leute, wie ihre Helden zu sein die sie bewundern. Aber es passt alles gar nicht zu deren eigenen gutbürgerlichen Leben. Gerade Rap sollte das verkörpern, was du eigentlich bist! Dann wäre es doch viel logischer als Fan, die Musiker zu feiern, die so ein ähnliches Leben führen wie man selbst. Theoretisch könnten viele Rapper genauso erfolgreich sein, wenn sie eine breite Palette an Werten abdecken, mit denen sich unterschiedliche Menschen identifizieren können.
Die gesamte Identifikation, die wir im Moment im Rap haben, sind entweder die Party People „Ich will Tag und Nacht einen draufmachen“, oder Gangster „Ich will es aus dem Ghetto rausschaffen“. Das hat aber in über 98% der Fälle überhaupt nichts mit dem Leben zu tun, das man selbst führt.
Viele sagen ja heute „ich hätte nie gedacht, daß das alles mal so groß wird“. Komischerweise habe ich mir diese Frage damals nicht gestellt, weil ich ja das Potential in der vorwiegend schwarzen Kultur Amerikas gesehen habe. Wenn man Anfang der 90er Jahre in einem Plattenladen in Witten Alben von EPMD oder Public Enemy kaufen konnte, wurde deutlich, wie groß der Erfolg dieser Bewegung gewesen sein muss, um bis nach Deutschland zu gelangen. Das war schon klar, daß das der neue Shit ist. Aber diese Frage müsste man eigentlich Anfang der 80er Jahre im Ursprungsland stellen. Alles, was dann schon danach kam, war im Grunde industrialisiert. Die Tatsache, daß wir das als deutsche Vorstadtkids pumpen konnten, zeigt, was für einen riesigen Einfluß das weltweit hatte – kulturell. Vielleicht täusche ich mich auch nach so vielen Jahren. Aber wenn du Phillip und mich als 18-jährige gefragt hättest, ob wir hinterher davon leben können und das so viele Rapper erfolgreich werden, hätten wir das natürlich verneint. Wir wussten natürlich nicht, daß irgendwann einmal der Musikmarkt digitalisiert wird und was das Internet alles möglich macht.
Heute gibt es kein Limit mehr und alles ist noch viel größer geworden. Vielleicht kann ich diese Frage also
gar nicht beantworten. Einerseits kam es mir rückblickend schon so vor, andererseits konnte ich damals
nicht in die Zukunft gucken. Innerhalb der Deutschrap Szene haben alle damals auch gesagt, daß wir ein kleiner verschworener Kreis sind und das, was wir machen, nie an die große Glocke gehangen oder in der Öffentlichkeit bekannt wird. Zwei Jahre später war Samy Deluxe dann auf einmal der Superstar.
Vielleicht ist auch auch eine der Sachen, die wir der Kultur zurückgegeben haben. Wir haben keine Kultur gesammelt, sondern sie vorgelebt. Natürlich gab es eine Menge Acts, die nicht so weit wie wir gekommen sind, für die das auch mehr ein Hobby war – die haben alles aus ihrer aktiven Zeit gesammelt und eingerahmt. Dadurch, daß ich dieses Hip Hop-Ding lebe und sich das auch in meiner Persönlichkeit verankert hat, führt sich das jeden Tag fort. Deshalb hatten Philipp und ich nie dieses „Hip Hop-Zimmer“, in dem wir alle Sachen aufbewahrt und gesammelt haben. Natürlich ist mir meine Geschichte und das damit verbundene Vermächtnis wichtig, aber ich sehe das nicht als abgeschlossen an. Darum bin ich auch nicht traurig, daß ich mir vieles nicht aufbewahrt habe. Solange ich immer noch weiter nach vorne gehe, so lange denke ich mir, daß es immer noch einen Moment geben wird, den ich mir einrahmen kann. Darum habe ich auch nicht meine goldene Platte von dem „Royal Bunker“ Album oder die Platinplatte des „30-11-80“ Albums von Sido zuhause aufgehangen. Die habe ich meinem Papa geschenkt und der hat die irgendwo neben dem Schreibtisch stehen. Dieser Personenkult ist mir nicht so wichtig. Ich habe auch ganz viele Sachen vergessen, die ich irgendwann mal gemacht habe. Ich hänge und hebe mir das nicht alles auf, weil ich keine Angst habe, es zu verlieren nur weil ich es nicht konserviere – ich habe diese Sachen ja wirklich einmal erlebt und gemacht.
„Wir haben keine
Kultur gesammelt,
sondern sie
vorgelebt“
LAK for President (lacht). Die ganze Zeit schön auf dem Boden geblieben, schön unspektakulär die Fragen beantwortet und jetzt BÄÄÄM! Das kriegt man auch aus einem nicht raus. Man denkt ja immer man wäre der beste Rapper. Du hast mich vorhin gefragt, ob ich denke, daß mein Werk genug Anerkennung erfahren hat – wenn du einmal anfängst mit Rap, dann verankerst du diesen Grundgedanken, daß du der Beste bist oder der Beste werden willst so tief in dir, daß du den gar nicht mehr rauskriegst.
Natürlich, klar. Das wird zwar immer weniger im Alter, aber definitiv ist das so. Das äußert sich auf vielen Ebenen: man möchte immer besser werden, immer mehr schaffen. Selbst wenn du irgendwann zufrieden bist mit dem, was du erreicht hast und sich deine nächste Platte vielleicht nicht mehr so „hungrig“ anhört hast du trotzdem noch die Einstellung, daß du der beste Rapper bist. Man muß es irgendwann nicht mehr beweisen und ständig vortragen.
Das ist meiner Meinung nach bei Aphroe passiert, der für mich nicht nur der erste Rapper war, den ich auf diesem hohen Niveau gesehen und gehört habe, sondern der diesen Status für mich persönlich bis heute beibehalten hat. Wenn ich ihn aber heute höre, sind diese „Aha“-Momente – das, was man als Hunger beschreibt – bei seinen neuen Sachen nicht mehr permanent hörbar. Dafür höre ich aber heraus, daß er es längst nicht mehr darauf anlegt. Es ist doch gut zu wissen, daß man es jederzeit könnte und man heute nicht mehr wie der „Young Gun“ Rapper klingen muß, der alles platt macht.
Der fiktive Albumtitel „LAK for President“ verkörpert den unbändigen Ehrgeiz, den jeder Rapper in sich trägt: der Beste zu sein. Doch mit dem Älterwerden entwickelt sich dieser Anspruch weiter. Es geht nicht mehr nur um Ruhm oder Dominanz, sondern auch darum, innerlich erfüllt und glücklich zu sein. Somit relativiert sich vieles. Man muß irgendwann nicht mehr durch die Straßen gehen und jedem klarmachen, daß man der Beste ist. Ist doch schön und gut, wenn man es selbst weiß.
Tatsächlich Bühne. Ins Studio gehe ich schnell rein, mache das Ding fertig und sehe zu, daß ich auch wieder schnell rauskomme. Früher war das etwas anders, weil ich noch mit den vielen Leuten im Studio gekifft und Party gemacht habe. Wie bereits erwähnt schreibe ich heute meine Texte alleine und nehme dann auch im Studio alles alleine auf. Vielleicht hängt da manchmal noch einer der Homies ab, aber das wars dann zusammen mit dem Engineer. Das ist eine Studiosession, in der man Dinge abhakt und zusieht, daß man den Track fertig macht.
Auf der Bühne ist das ein ganz anderer Flavor. Wir haben ja auch als Live-MCs angefangen. Da fand alles auf der Bühne statt, bevor wir überhaupt das erste Mal ins Studio gegangen sind. Daher hat das für mich persönlich viel mehr Bedeutung. Ich glaube, wenn Leute heute im Studio anfangen, werden die das Studio der Bühne vorziehen. Viele fangen auch im Studio an, sind super erfolgreich aber haben noch keine zehn Auftritte absolviert. Für die wird die Bühne immer befremdlich sein, für uns war es das Normalste auf der Welt als wir dann das erste Mal ins Studio kamen. Nirgendwo bekommst du so ein direktes und ehrliches Feedback wie auf der Bühne. Wenn die Leute nicht abgehen, hast du Pech. Jeder kann sehen, wenn du da oben verkackst. Im Studio kann jeder gut rappen.
...wäre ich die scharfe Currywurst!
Für Deutschrap würde ich mir gerne die Erstbesetzung der Massiven Töne mit Wasi wünschen, alle nochmal mit „Kopfnicker“ auf die Bühne, das wäre so krass. Zudem würde das der Veranstaltung einen anderen Flavor geben – Massive Töne hat man schon lange nicht mehr ins Spiel gebracht obwohl die ganz klar Pioniere waren und dementsprechend auch einen großen Impact hatten. Ich spreche jetzt aus Sicht des Konzertbesuchers, also muß ich einen Act aussuchen, den ich selbst noch nicht gesehen habe und den sich gerne sehen würde. Es gibt da eine Gruppe, die ich live leider noch nicht gesehen habe: Public Enemy. Deren Show und Rap würde mich heute wahrscheinlich nicht mehr umhauen, aber ich weiß noch, was für ein verdammter Game Changer das damals für uns war. Da gibt’s diese Kultur, dazu dieser politische Einfluss – das hat man hier natürlich in der Form nicht erlebt. Trotzdem war unmissverständlich klar, was für einen machtvollen Impact das in den USA zu der Zeit hatte.
Den Frieden mit allem gemacht, bis auf den Frieden mit meinem Portemonnaie – da fehlt leider etwas. Weniger für den aktuellen Moment als für den Moment, an dem ich dieses Rap Ding nicht mehr mache.
Als selbstständiger Künstler mußt du Rentenbeiträge, Krankenkasse und sonstige Abgaben selber zahlen. Eine Unterstützung vom Staat gibt es nicht. Während der aktiven Zeit muß man vorbeugen. Ich verdiene leider mit der Musik nicht so gut, daß ich mir davon Ersparnisse für die Zukunft zurücklegen könnte. Ich
kann durchaus von den verschiedenen Posten, die man zusammenträgt – Auftritte, Plattenverkäufe,
Gema – leben, aber wenn ich irgendwann aufhöre fällt ein großer Teil davon weg.
„Ganz ehrlich, ich sehe mein Leben als Erfolgsstory“
Total! Ich spreche jetzt auch nicht von Millionenbeträgen. Ich muß mir kein Haus kaufen, das besitze ich,
ich habe kein Auto, das brauche ich nicht. Ich brauche eine finanzielle Sicherheit für die Zeit danach und natürlich eine Absicherung für meine Kinder. Das ich vielleicht bis ins hohe Alter auf die Bühne gehe stelle
ich mir nicht schlimm vor, im Gegenteil. Ich vertone mein Leben, das macht schon richtig Bock. Schau dir KRS One an, der steht immer noch da oben und die Leute schauen und hören ihm zu. Ohne die Bühne
wäre ich nicht glücklich.
Wenn ich jetzt eine Samy Deluxe oder Curse nenne – klar, die haben viel mehr Erfolg gehabt als ich, aber
so weit sind die nicht weg von dem, was ich kann. Die haben eine viel größere Lobby in der deutschen
Szene gehabt und folglich auch viel mehr verdient. Ich rede jetzt nicht vom Savas oder Sido Level, aber
die Gehälter sind heute viel höher als damals. Mit einem „Samy-Status“ hätte ich jedenfalls ausgesorgt.
Ich laufe aber nicht durch mein Leben und vergleiche mich mit anderen und mache davon meine Zufriedenheit abhängig.
Alles, was ich erlebt habe: weniger Relevanz, mit Creutzfeld nicht mehr am Start, nicht mehr so viel wie damals zu verkaufen – das haben Leute wie Curse, Samy Deluxe und Absolute Beginner auch erfahren,
nur eben 10 Jahre später. Überleg mal, wieviele Alben die veröffentlicht haben. Ich habe bis heute keine
10 Solo Alben veröffentlicht und war auch viel in Gruppen unterwegs. Hätte ich in den vergangenen Jahren stattdessen ein Duzend Lakmann Solo Alben gemacht – also hätte ich die drei Witten Untouchable Alben durch vier oder fünf Lakmann Alben ersetzt zwischen 2011 und 2020, dann wäre jetzt eine ganz andere Geschichte am Laufen. Ich habe immer im Wechsel ein Jahr „Lakmann“, ein Jahr „Untouchable“ veröffentlicht. Es macht mir viel mehr Spaß in einer Gruppe als Teamplayer zu rappen, aber der größere Erfolg ist Lakmann. Es ist schwer, eine 3er Gruppe zum Star zu machen als einen Solo Artist oder vielleicht noch ein Duo.
Früher war Rap in der deutschen Szene ein Gruppending, irgendwann gab’s dann nur noch den einen Superstar. Es ist auch einfacher nur eine Person zu verbiegen und radiotauglich zu machen als ein ganzes Konglomerat, in dem alle ihre eigene Meinung haben. Es hat alles Vor- und Nachteile. Ich bin glücklich, wäre aber glücklicher, wenn ich weniger Sorgen ums Geld hätte.
Weiß ich nicht (lacht). Die gibt’s immer, solange wir nicht aufhören. Aber jetzt mache ich eben meine Solo Alben. Das ist jetzt kein Statement contra Creutzfeld oder Witten Untouchable, das hier ist ein Statement pro Lakmann. Mein letztes Album ist vier oder fünf Jahre her, ich muß wieder bei Null anfangen. Keiner kennt mich mehr, da fünf Jahre wieder fast eine halbe Generation ist. Zwischen 2011 und 2020 wussten die Leute, daß ich jedes Jahr etwas Neues rausbringe. Jetzt sind wieder fast fünf Jahre vergangen, die neue Generation kennt das alles gar nicht mehr, also fange ich mit dem nächsten Album wieder bei Null an. Das ist einfach scheiße. Kontinuität ist super wichtig für den kommerziellen Erfolg.
Machen wir, da die Rechte nach 20 Jahren wieder bei uns liegen. Wir werden uns überlegen, ob wir eine kleine Neuauflage und vielleicht auch eine Box für Sammler machen. Mir hat die „Unter Tage“ Box von RAG mit der Dose richtig gut gefallen. Wir überlegen uns das alles, irgendwas fällt uns schon ein. Wie gesagt, Kontinuität ist zwar wichtig für den kommerziellen Erfolg, hat aber nichts damit zu tun, wie glücklich man ist. Das bin ich auch so.
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